Der Abstieg in die Unterwelt

Von den drei erdfernen, transsaturninen Planeten Pluto, Neptun und Uranus ist Pluto wohl das für den Verstand am wenigsten greifbare Prinzip. Mythologisch gesehen, begeben wir uns mit ihm in die Unterwelt, deren Herrscher diese Gottheit ist, ins Reich der Toten und schattenhaften Gestalten, das unter der Erde liegt. Plutos Attribut ist die Tarnkappe, die ihn unsichtbar macht. Hier geht es um alles, was verborgen, dunkel oder unheimlich ist, um Unbewusstes und Verdrängtes. Pluto ist aber auch Herr über die Reichtümer im Inneren der Erde, ein weiteres Attribut ist das Füllhorn, das er in der Hand hält und das Überfluss verspricht.

Von einem Transit spricht man in der Astrologie, wenn ein Planet in seinem Lauf durch die Tierkreiszeichen einen Punkt erreicht, der entweder direkt der Position eines Geburtsplaneten oder anderen Horoskopfaktors entspricht oder im Aspekt, in einer bedeutsamen Winkelverbindung zu ihm steht. Hat jemand beispielsweise die Sonne im Geburtshoroskop auf sieben Grad Schütze und der laufende Pluto überquert gerade diesen Punkt, werden die Themen seiner Schütze-Sonne durch den Plutotransit aktiviert. Unsere inneren, angelegten Themen werden zu diesen Zeiten angesprochen und herausgefordert, und das geschieht jeweils in der Art und Weise, die dem transitierenden Planetenprinzip entspricht.
Sehr vereinfacht ausgedrückt, zeigt ein Plutotransit zur Sonne Wandlung, Veränderung oder auch eine Vertiefung in unserem Selbstausdruck an, ein Pluto-Mond-Transit im Bereich unserer emotionalen Bindungen, ein Transit zum Merkur im Denken, in der Kommunikation und Wahrnehmung, zur Venus in unseren Beziehungen, unserem Wertesystem und der Art, wie wir unseren Selbstwert definieren, und zum Mars in unserer Selbstbehauptung, in unserem Antrieb und unserer Willenskraft.

Unter einem Plutotransit kommt zum Vorschein, was wir zuvor nicht wahrgenommen haben. So wie mythologische Figuren, die in die Unterwelt hinabsteigen und verwandelt wieder zurückkehren, kommen wir in Kontakt mit vorher unbewussten Emotionen oder Eigenschaften, die zu uns gehören, die wir aber noch nicht als zu uns gehörig erkannt haben. Pluto bringt Verborgenes an die Oberfläche, in den Bereichen, die er im Horoskop berührt. Alles Mögliche kann dann auftauchen, unabhängig davon, ob wir diese Dinge als positiv oder negativ bewerten – Gefühle aller Art, Erinnerungen, Einblicke in sich selbst, Wünsche und innere Möglichkeiten für die Zukunft. Eine latent vorhandene Unzufriedenheit lässt sich vielleicht nicht mehr ignorieren und erfordert Umstellungen in der Lebenssituation. Als Ergebnis einer solchen Auseinandersetzung wird man sich vielleicht neu definieren und die Dinge, die Pluto zutage gefördert hat, ins eigene Selbstbild integrieren.

Warum aber soll es eine Energie in uns geben, die solche Prozesse fordert, die oft auch ein Loslassen des Alten nötig machen, um dem Neuen Raum zu geben? Astrologische Planetenprinzipien wirken ja nicht als äußere Kräfte, die ihre Strahlen auf die Erde schicken – sie scheinen Energien und Antrieben in uns selbst zu entsprechen, als deren Abbild sie verstanden werden können.
Plutos Ziel – um es wieder symbolisch zu formulieren – ist die Wandlung und Erneuerung, um Weiterentwicklung zu ermöglichen. Es geht darum, Strukturen, die sich verbraucht haben und uns an unserer eigenen Entwicklung hindern, für ein Neuwerden loszulassen, ob das nun Gedankenmuster oder Überzeugungen, Lebensweisen oder ganz konkrete Situationen sind. Dabei ist oft nicht von vornherein ersichtlich, was es loszulassen gilt und was bleiben wird, was wiederum eine gründliche Auseinandersetzung erforderlich macht. Außerdem ist das Loslassen gerade von inneren Überzeugungen oder Gefühlen eigentlich nichts, was aktiv getan werden könnte – die Aufmerksamkeit bleibt ja dann darauf gerichtet. Aber zum Deutungsspektrum Plutos gehört auch die Möglichkeit, sich mit viel Energie voll und ganz für eine Sache einzusetzen, was Altes und Verbrauchtes mehr und mehr in den Hintergrund treten lässt. Und immer wieder wird darauf hingewiesen, dass im Rahmen plutonischer Veränderung auch Neuanfänge aller Art möglich sind.

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