Was Medien so meinen

Wenn in den Medien über Astrologie gesprochen wird, zücke ich meistens Papier und Stift und wünsche mir, diesem Trauerspiel medialer Darstellung ein Ende machen zu können. Zumindest landen meine Entgegnungen dann in diesem Blog.
Meist geht es um den Aspekt der Zukunftsvorhersagen, den in der Praxis nur sehr wenige Astrologen betreiben – wobei es diese wenigen offenbar am meisten in die Massenmedien zieht. Da wir es mit astronomischen Planetenbewegungen zu tun haben (vom Menschen aus gesehen), kann man natürlich vorhersehen, wann welcher Planet über welchen Punkt eines Geburtshoroskops laufen wird, aber wie sich das ganz konkret im Leben dieses Menschen auswirken wird, wie Ereignisse genau aussehen werden, ob überhaupt große Ereignisse stattfinden oder ob sich der Transit hauptsächlich in inneren Entwicklungen zeigen wird, lässt sich nicht vorhersagen. Eine bestimmte Thematik wird auf bestimmte Art und Weise aktiviert, es geht immer um Grundprinzipien, die in ihren Bedeutungen miteinander kombiniert werden, was einen Spielraum an Ausdrucksmöglichkeiten ergibt.
Natürlich kann ein ereignisprophezeiender Astrologe innerhalb dieses Spielraums auch ins Schwarze treffen, ein anderes Mal aber wieder nicht. Wesentlich interessanter ist da, sich bei Lebensereignissen den Bedeutungshintergrund anzusehen, der durch Planetentransite und andere Deutungstechniken angezeigt wird, eine Ordnung in dem zu erkennen, was man erlebt.

In den Medien ist üblicherweise die Rede vom „Glauben“ an die Astrologie. In Umfragen wird erhoben, wie groß der Anteil derer ist, die an einen „Einfluss der Sterne auf den Menschen“ glauben. In der mir bekannten Literatur ist die Sichtweise verbreitet, dass die Planetenkonstellationen etwas abbilden, aber nichts verursachen. Wie oben, so unten – nach dieser Auffassung besteht eine synchrone Beziehung zwischen Himmel und Erde, zwischen Planetenbewegungen und dem menschlichen Leben. Vermutlich können sich die meisten Menschen einen kausalen Einfluss leichter vorstellen, schließlich ist das kausale Denken, das Denken in Ursache-Wirkungs-Zusammenhängen, das vorherrschende in unserer Welt, während analoges, symbolhaftes, nicht-kausales Denken untergeordnet ist. Beispielsweise ist ein Traum nicht die Ursache für ein bestimmtes Erleben, sondern bildet inneres oder äußeres Erleben ab.
Zum Thema „Glauben“ lässt sich sagen: Die Stimmigkeit der Astrologie wird von denen, die sich näher damit befassen, erfahren und erlebt, was kein Glaube ist. Lediglich bei der Frage, warum denn das so stimmig ist, können Glaubensbereiche betreten werden – je nachdem, ob man dabei an spirituelle Zusammenhänge und höhere Ordnungen denkt oder nicht. (Auch wenn manche Astrologen das versuchen, rational-naturwissenschaftlich erklärt werden kann die Stimmigkeit meiner bescheidenen Meinung nach nicht.)

Weiter im medialen Trauerspiel: Astrologie wird gerne so dargestellt, als ginge es dabei um Sternzeichen und sonst nichts. Teilweise werden sogar Beweisversuche durchgeführt, die nur das Sonnenzeichen von Personen einbeziehen, was nur völlig Astrologieunkundige fertigbringen können. Ich erinnere mich etwa an eine kurze Notiz im Nachrichtenmagazin Profil über eine Studie, die belegt habe, es gebe keinen Zusammenhang „zwischen Sternzeichen und Charakter eines Menschen“. Offensichtlich machen sich da weder Studienautoren noch Journalisten die Mühe, zu recherchieren, wie Astrologie tatsächlich aussieht und angewandt wird. Sie ist eben nicht das simple Beschreiben von „Sternzeichen“.

Es ist ohnehin müßig, sich an statistischer Beweisführung zu versuchen. Manchmal tun das auch Astrologen selbst, indem sie anhand von psychologischen Persönlichkeitsprofilen die jeweiligen Geburtshoroskope zuordnen wollen. Solche Versuche entspringen vermutlich der Sehnsucht nach Anerkennung, nach Legitimation in einer Welt, deren herrschendes Wissenschaftsparadigma harte Fakten und mathematische Gewissheiten fordert. Es gibt aber Gründe, warum Astrologie nach positivistisch-naturwissenschaftlichen Kriterien nicht bewiesen werden kann: Einer davon ist der schon erwähnte Spielraum an Ausdrucksmöglichkeiten. Manchmal hört man den Vorwurf, astrologische Aussagen seien schwammig, aber darin zeigt sich das Missverständnis, es würde hier um eng eingegrenzte, einzelne Eigenschaften gehen, die dann zwingend auftreten müssen. So festgelegt sind wir eben nicht, angelegt ist nach astrologischer Auffassung die Grundstruktur der Persönlichkeit, die innerhalb dieses Rahmens reift und sich entfaltet. In diesem Zusammenhang ein weiterer wichtiger Punkt: Die Bewusstseinsebene ist nicht aus dem Geburtshoroskop ablesbar. Man sieht nicht, wie weit jemand auf dem Weg der Selbstwerdung schon gekommen ist, wie bewusst ihm seine verschiedenen Persönlichkeitsanteile sind und was davon er sichtbar ausdrückt. Die Frage ist oft: Ist es jemandem möglich, sein Inneres, sein tatsächliches Selbst in seinem Umfeld auszuleben? Oder lebt er in einer Kultur mit strengen Erwartungen, wie man zu sein hat, oder auch mit starren Geschlechterrollen wie etwa: „Männer sind stark und zeigen keine Gefühle“?
Und schließlich ist Astrologie ein System, das sich sehr stark auf die Individualität des Einzelnen bezieht. Zehn verschiedene Menschen mit Widder-Sonnen können nicht miteinander verglichen werden, weil ihre Geburtshoroskope sich in anderen Konstellationen völlig voneinander unterscheiden. Es wäre Unsinn, hier statistische Gruppenvergleiche anstellen zu wollen. Wirkliche astrologische Zwillinge wiederum (die keine biologischen Zwillinge sind) sind nicht leicht zu finden. Bekannt ist mir nur eine Geschichte von zwei Frauen mit übereinstimmenden Horoskopen – sie trafen sich zufällig im selben Astrologieseminar.

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