Das Wort „sensibel“ wird im Alltagsgebrauch in unterschiedlichen Bedeutungen verwendet, meistens im Sinn von „empfindlich“ oder „leicht kränkbar“. Die amerikanische Psychologin Elaine Aron meint mit dem Begriff „Hochsensibilität“ die Eigenschaft der feineren und umfassenderen Wahrnehmung. Ihrem Konzept zufolge haben Hochsensible eine niedrigere Schwelle für Reize, wodurch sie mehr Informationen aus der Umwelt und aus sich selbst wahrnehmen und diese auch tiefer verarbeiten. Das bedeutet, dass ein hochsensibler Mensch viel wahrnimmt, was weniger Sensiblen entgeht, aber auch schneller übersättigt ist und ein größeres Bedürfnis nach Rückzug hat, um sich erholen und Aufgenommenes verarbeiten zu können.
So können in der Situation selbst oft gar nicht alle Informationen vom Bewusstsein verarbeitet werden – erst im nachträglichen Betrachten aus der Erinnerung heraus werden Einzelheiten dann bewusst erkannt und eingeordnet.
Ob wirklich so scharf zwischen „hochsensiblen Personen“ und „nicht hochsensiblen Personen“ getrennt werden kann, lässt sich in Frage stellen. Vermutlich ist Hochsensibilität eher eine Eigenschaft, die von Person zu Person mehr oder weniger ausgeprägt ist. Darüber hinaus kann sie auch über die Zeit bei ein und demselben Menschen variieren, da beispielsweise Stress die Empfindsamkeit erhöhen kann.
Astrologisch gibt es Faktoren, die auf eine persönliche Veranlagung zu hoher Sensibilität hinweisen. Zuallererst fällt der Blick auf Neptun und das ihm zugeordnete Fischezeichen, danach auf das Krebszeichen und seinen Herrscher, den Mond. Neptun steht als Gott der Meere für das Reich der Träume, Fantasien und Gefühle, für das Unbewusste, aus dem durch schöpferische Kraft Bilder und Vorstellungen aufsteigen. Wasser ist in Bewegung und setzt sich über Wellen, über Schwingung fort.
Alle Verbindungen zu Neptun im Horoskop machen empfänglich für Schwingungen aller Art, für Stimmungen, die einen Raum erfüllen, für Dinge, die nicht mit den Händen greifbar oder sichtbar, aber dennoch vorhanden sind. Vor allem Aspekte zu Mond und Merkur statten den Träger mit Antennen aus, die sämtliche Feinheiten einer Situation wahrnehmen können. Der Mond ist aufnahmebereit für Eindrücke und reagiert auf der Gefühlsebene, Merkur erfasst die Dinge mit dem Denken und dem Verstand. Stehen diese beiden im Aspekt zu Neptun, zeigt das ausgeprägte Feinfühligkeit an, auch für die Gefühle und Gedanken eines Gegenübers, sei es durch ein Registrieren feinster Veränderungen im Ausdruck des anderen oder durch ein Aufgreifen aus der Atmosphäre.
Eine andere Seite Neptuns ist die der Verwirrung und Verschleierung, er kann das Klare und Eindeutige auch verschwimmen lassen. In der Wahrnehmung anderer kann er manchmal auch Unsicherheit schaffen, in Zusammenhang mit hoher Intuition und den Umständen einer Situation aber häufig auch ein Wissen darüber, was im anderen vorgeht. In Beziehungen, die von großem Vertrauen geprägt sind, könnte das nützlich sein, wenn durch eine dermaßen feine Wahrnehmung vielleicht mehr Nähe entsteht oder Dinge behutsam zur Sprache gebracht werden können.
Es kann aber auch so weit gehen, dass das, was andere denken oder fühlen, belasten, irritieren oder verletzen kann, genauso, als wären es ausgesprochene Worte.
Wenn man merkt, dass man zu sehr und über eine Situation hinaus von Gefühlen und Gedanken (oder auch Worten) anderer beeinflusst wird und sich dadurch emotional gestresst fühlt, kann man folgende Meditation versuchen: Man setzt sich in aufrechter Haltung hin, schließt die Augen und stellt sich beim Ausatmen vor, all diese Dinge wegfließen zu lassen. Unterstützend kann man noch Daumen und Zeigefinger in einem Kreis zusammenlegen (eine Handhaltung, die mit der Stabilität der Erde verbindet) und sich vorstellen, alles Belastende mit dem Ausatmen in die Erde fließen zu lassen.
Wie den Fischen wird auch dem Zeichen Krebs hohe Empfindsamkeit zugeschrieben, eine hohe Bereitschaft, Eindrücke und Stimmungen aufzunehmen. Das Mondhafte, Launenhafte dieses Zeichens hat aber eine leicht andere Qualität als die neptunische Durchlässigkeit und Grenzenlosigkeit des Fischezeichens.
Schließlich zeichnet sich das dritte Wasserzeichen, der Skorpion, ebenso wie sein Herrscher Pluto vor allem durch genaues Wahrnehmen bzw. Beobachten und die Intensität des Erlebens aus.
Sensible Wahrnehmung bringt oft ein ausgeprägtes Einfühlungsvermögen mit sich, allerdings auch wenig Abgrenzung den Informationen und Eindrücken gegenüber. Demzufolge ist es leicht möglich, dass sich ein Hochsensibler, der sich momentan überfordert fühlt, gar nicht mehr einfühlsam verhält. Was Abgrenzungsfähigkeit betrifft, kommt Saturn ins Spiel: Eine starke Neptunbetonung im Horoskop braucht als Gegengewicht einen gut entwickelten Saturn, der Stabilität und Grenzen vermittelt.
Was am Anliegen des Konzepts „Hochsensibilität“ als herausragend gesehen werden kann, ist die damit verbundene Ermutigung, sich selbst so zu akzeptieren, wie man ist, statt sich von gesellschaftlichen Erwartungen unter Druck setzen zu lassen. Das bleibt allerdings nur erhalten, wenn die Eigenschaft nicht als Diagnose betrachtet wird, als etwas von vornherein Problematisches, das Menschen als schwach oder weniger leistungsfähig einstuft, und wenn diese Eigenschaft nicht mit Begriffen wie „überempfindlich“ gleichgesetzt wird, was sofort ein (unerwünschtes) Abweichen von der Norm suggeriert.
Die Kehrseite eines Konzepts, das beansprucht, viele verschiedene Erscheinungen oder Probleme erklären zu können, liegt in der Gefahr, dass Menschen sich nur noch darüber definieren, hochsensibel zu sein, sich dadurch weniger zutrauen und zumuten, als sie bewältigen könnten, und andere Wesenszüge in den Hintergrund treten. Es sei denn, man kann die Eigenschaft vor allem als Begabung sehen und auf ihre positiven Seiten fokussieren.
Wenn ausreichend auf die eigenen Bedürfnisse nach Ruhezeiten und Rückzug geachtet und nicht darauf vergessen wird, dass der Mensch ein komplexes und vielschichtiges Wesen mit individuellen Bedürfnissen ist, können die Vorzüge hoher Sensibilität am besten zum Vorschein kommen. Auch Neptun und Mond bieten hier neben dem schon erwähnten Einfühlungsvermögen viel Fantasie und Vorstellungskraft, eine hohe Beeindruckbarkeit durch Sinneswahrnehmungen, Stimmungen und feine Details und nicht zuletzt die Fähigkeit, aufgenommene Eindrücke und Wahrnehmungen künstlerisch auszudrücken und umzusetzen.